Samstag, 2. November 2024

Gedanken-Brösel 328: 35 Jahre…

Der Mauerfall, 35 Jahre ist das nun her. Und wir aus dem „Osten“ können uns mal wieder sicher sein, an diesem Tag gedenkt und dankt uns der „Westen“. Danke vor allem dafür, dass immer noch Ungleichheit ist, danke, dass sie uns damals schön ihren Überschuss verkaufen konnten, ansonsten wären sie an Videorecordern, Porno-Kassetten und gebrauchten Autos erstickt. Und ja, sie konnten schön für wenig Geld Firmen kaufen, was wir aus dem Osten nicht konnten, bzw. man hat uns fast gar nicht gelassen. Blöd ist nur, dass mit dem Mauerfall eben auch gute Ideen wie die von einem anderen Deutschland mit mehr Gerechtigkeit, ohne Waffen, ohne Hass und Neid, mit sauberer Natur, nicht den ganzen Besitz in den Händen von Wenigen, keine Überwachung usw. eben eine schöne Illusion war, die mit der Mauer gefallen ist. 

Auch, dass wir so schnell unsere Werte und Ideen, die noch am 4 November 1989 verkündet wurden, für eine Handvoll Bananen und 100 DM Begrüßungsgeld weggeworfen haben. Unser Mann, der den Einigungsvertrag mit verhandelt hat, aber gleich unter dem Tisch zur anderen Seite gewechselt ist anstatt unsere Interessen besser zu vertreten (Herr Krause), wurde dafür Verkehrsminister. Lothar Späth sagte mal, was wir den Menschen in der ehemaligen DDR alles zugemutet haben, wenn wir davon nur einen Teil in der alten Bundesrepublik den Menschen zugemutet hätten, wären alle beim Psychologen auf der Couch gelandet. Sie regten sich schon auf, dass es eine neue Postleitzahl gibt und viele Leute denken und glauben bis heute, dass nur sie den Soli bezahlt hätten. 

Aber dafür haben wir ja Freiheit, nur was bedeutet das eigentlich? Okay, ich kann wählen, darf meine Regierung beschimpfen, kann hinfahren, wo ich will, jedenfalls in den Urlaub. Aber ist es das, wofür ich damals auf die Straße gegangen bin, wo der ABV hinter mir herlief und die Plakate abriss, die ich gerade angebracht habe? Wo sind sie hin, die schönen Ideen? Was ist daraus geworden, was Willy Brandt sagte: "Nun wächst zusammen, was zusammengehört." Ich habe so den Eindruck, wir sind weiter auseinander als damals, vielleicht täuscht dass aber auch alles. Vielleicht soll es aber auch so sein, damit wir eben nicht zusammenhalten und uns gegen das vorherrschende System wehren. Wir hauen uns gegenseitig lieber auf die „Nase“ anstatt eine gerechtere Gesellschaft aufzubauen. Wo eben kein Kind hungern muss, wo es vernünftige Bildungschancen für alle Menschen gibt, wo Gesundheit nicht gewinnorientiert ist, eine gute Rente eben auch für alle da ist, nicht wo wenige Menschen viel besitzen und viele Menschen wenig besitzen. 

Na, vielleicht kommt es ja noch, und bis dahin wird wohl immer im November dem Osten gedankt. An den anderen Tagen heißt es, wir wären undankbar, wählen komisch und haben keine Ahnung von Demokratie. Ich glaube trotzdem, dass es möglich ist, die Gesellschaft zu verbessern und gerechter zu machen. 




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