Tage und Wochen
vorher mussten wir anstehen an der Sparkasse, Sparbücher bzw. Konten einrichten,
denn Erwachsene konnten 4000 Mark Ost in 4000 Mark West tauschen. Darüber war der
Kurs 1:2, bei Kindern konnte man 2000 Mark Ost zu 2000 Mark West wechseln, bei
Rentnern waren es 6000 Mark im Kurs 1:1. Wer nicht genug Ostmark hatte, nahm
von anderen Leuten, die zu viel hatten, Geld auf sein Konto. Dafür bekam man
100 DM für 1000 DM als Belohnung, wenn man diese für jemanden getauscht hatte.
Und so manch ein „Westler“ suchte sich einen „Ostler“ und gab ihm auch Geld zum
Tauschen. Denn einige Menschen hatten ja in den Wochen davor schon Ostmark
bekommen, weil sie DM im Kurs bis 1:10 getauscht hatten (was damals durchaus
üblich war).
Die Währungsunion
schaffte viel Raum für Spekulanten, einige Leute konnten gut Kasse machen. Wir
„Ostler“ aber (viele von uns) wollten endlich bloß mal richtig einkaufen.
Blöderweise haben wir nun kaum noch unsere eigenen Marken gekauft. Nur wenige Menschen
wollten die Waren kaufen, die sie selbst noch hergestellt hatten, wie z. B. die
Foron-Kühlschränke. Der erste FCKW-freie war ein echt gutes Produkt, was
normalerweise Marktführer hätte werden können. Aber der Kühlschrank kam aus dem
Osten, und den großen westdeutschen Herstellern war das ein Dorn im Auge, und
so war es bei vielen Ostprodukten.
Noch schlimmer
aber war, dass mit der Währungs- und Sozialunion auch das „Altschulden-Gesetz“
in Kraft trat. Das bedeutete, dass auf einmal viele Kommunen und Bezirke irre
Schulden hatten wegen dem Wohnungsbau, denn dieser war mit Krediten in der DDR
finanziert, und das wurde jetzt umgelegt. Auch viele Betriebe hatten auf einmal
Riesenschulden (z. B. EKO Stahl). In der DDR war es so geregelt, dass die
Betriebe 87% ihres Gewinns an den Staat abführen mussten. Gleichzeitig konnten
sie sich aber über die Staatsbank der DDR Kredite nehmen für ihre Betriebe. Die
Staatsbank gab es jetzt aber nicht mehr, und die Betriebe hatten auf einmal riesige
Schulden. Und so geschah es, dass Banken (der alten Bundesrepublik) am meisten
von der Währungsunion profitierten. Man spricht da heute von 72 Milliarden. Es
sind wohl immer die Banken, die am Ende gewinnen, so war es in der Finanz-Krise,
so war es ja auch in der Griechenland-Krise.
Sicher ist aber
auch, es musste damals etwas geschehen. Denn viele Menschen gingen auf die
Straße mit Spruchbändern wie „Kommt die D-Mark nicht zu uns, gehen wir zu ihr“,
und mal ehrlich: Wir wollten sie ja haben. Sicher, mit dem Wissen von heute
würden wir alle, Ost wie West, anders handeln. Aber wer weiß heute schon, was
morgen sein wird. Und das Einkaufen tat auch für eine Weile gut. Wir konnten
nun auch reisen bzw. diese Reisen bezahlen. Denn Weltanschauung kommt auch von
Welt anschauen, und es ist nie alles schlecht.
Bleibt gesund!