Wie jedes Jahr fuhr ich für die gute Sache nach Paris, um mit Gleichgesinnten aus ganz Europa am Pressefest Fête de l'Humanité teilzunehmen. Genau eine Woche vor der entscheidenden Berliner Wahl. Unweigerlich – ich weiß eigentlich auch nicht genau, warum – kamen unsere Gespräche bei der langen Autofahrt immer wieder auf die alte DDR zurück.
Je mehr die Zeit vergeht, umso einfacher wird alles erklärt, umso schöner erscheint die DDR im Rückblick für viele Mitmenschen. Die Wahrheit ist, ja, wir lebten ohne große Sorgen in der DDR. Der Widerspruch ist, dass uns alles abgenommen wurde, selbst das Denken wurde leicht gemacht. Und ja, es war z. B. schlimm, dass man seine politische Meinung oft nicht offen sagen konnte. Aber wir waren nicht „vernagelt“, es war nicht so furchtbar wie andere Menschen, welche diese Zeit gar nicht oder zumindest nicht selbst in Ostdeutschland erlebt haben, es uns einreden wollen. Wir waren nicht blind! Aber wie es so oft im Leben ist, die Menschen hatten sich in der DDR eingerichtet, waren zufrieden, mit dem, was sie hatten und wie alles so seinen „sozialistischen Gang“ ging. Doch es waren nicht alles Kommunisten, wie man jetzt erklären will, genauso wenig wie jetzt alle Menschen in Ostdeutschland Nazis sind, das ist total falsch!
Wir hatten auch viel Spaß. Viele von uns erlebten in der DDR ihre Kindheit und Jugend, fanden die erste große Liebe, hatten ihren ersten Sex. Und nein, ich möchte die DDR nicht wiederhaben, dieses kleine merkwürdige untergegangene Land. Aber so, wie wir jetzt leben, ist es auch nicht in Ordnung.
Ja, wir leben heute freier, aber die Menschen werden wieder ängstlicher. Es ist schön, dass wir frei wählen können, vermutet man zumindest. Was damit hochgespült wird, ist weniger schön. Radikale Parteien nutzen die demokratischen Hebel, um nach oben zu können. Ein Schelm ist, wer Böses dabei denkt. Das gab es alles schon einmal. Aber ich habe die Hoffnung, dass die Menschen dieses Mal aufgeklärter sind, mehr nachdenken und handeln, damit es nicht soweit kommt!
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