Freitag, 9. Juni 2017

Gedanken-Brösel, Folge 74: Helden versus Götterdämmerung

Naja, das mag ja jetzt alles ein wenig dick aufgetragen oder weit hergeholt klingen. Aber: Schwuppdiwupp, nun sind sie da, die Helden meiner Jugend! Obwohl der Begriff „Helden“ vielleicht etwas zu hoch gegriffen scheint, Bewunderung tut es wohl auch. Und da drängt sich schon mal eine Frage ins Gehirn und vom Gehirn auf die Zunge: Wer oder was sind eigentlich Helden? Oftmals wird damit ja dieser Typ Mensch gemeint, der irgendwelche heroischen Taten begangen hat. Das stimmt wohl, aber jeder Mensch hat doch auch seine eigenen Helden, und sind wir nicht ebenso alle für Irgendjemanden ein kleiner Held?

Wie sang einst Mister David Bowie (und Dave Gahan jetzt): Wir können Helden sein, nur für einen Tag!

Klar kann man sagen, es gibt immer viele unbekannte Helden, zum Beispiel bei der Feuerwehr, im Krankenhaus oder bei der Polizei. Ja, auch Krankenschwestern sind Heldinnen. Natürlich ist der Chirurg ein Held, doch nur, wenn die Putzfrau vorher ihre Arbeit richtig getan hat. Und da gibt es auch nichts zu beschönen!

In Wahlkampfzeiten werden diese Klischees natürlich gern bedient, aber danach wird schnell vergessen, dass auch diese Helden eine gute Entlohnung verdienen. In diesem heldenhaften Kampf jagen sie Verbrecher, retten Menschenleben, pflegen hilfsbedürftige, kranke, alte und junge Menschen. Und wir dürfen nicht vergessen, auch Lehrer sind Helden. Sie geben sich tagein, tagaus viel Mühe, den Kindern die Welt zu erklären und nützliches Wissen beizubringen. Natürlich sind auch (fast) alle Eltern Helden, keine Frage.

Aber ich schweife gerade etwas ab. Meine Helden, was sind das für Menschen, ohne die ich wohl überhaupt nichts wäre im Leben?

C.B. zum Beispiel ist nicht nur ein Held für mich. Ich kenne ihn seit meiner Jugendzeit, er war damals und ist immer noch ein sehr guter Freund, und das nun schon seit 35 Jahren. Ein Freund, auf den ich maßgeblich höre, der mich auch mal maßregeln darf, der mir schon so einige wegweisende Sätze mitteilte. Das klingt manchmal wie ein Oberlehrer, aber ohne diese Sätze wäre ich nicht der Mensch, der ich heute bin. Da gibt es C.L., die mir mit unaufgeregter, besonnener Liebe gegenübersteht, mit Unvoreingenommenheit die Welt erklärt und wie sie aussieht. Und welche dennoch den Spaß an der Freude nicht verliert, welche auch jeden Tag das Leben mit einem Lächeln versüßt. Und K.P., die mit ihrer ruhigen und übersichtlichen Art immer noch das Letzte aus mir herauskitzelt, die mich dazu animiert, Dinge zu machen, von denen ich vorher nur geträumt habe, welche ich ohne diese Anstupser niemals gemacht hätte und welche mit ihrer bedachtsamen Art auch hin und wieder dafür sorgt, dass ich auf den Boden der Tatsachen zurückkomme und nicht abhebe. Sie bringt mich erst dazu, zu starten und abzuheben und sorgt dann dafür, dass ich in einen ruhigen Flug übergehe.

Aber da gibt es noch ganz andere Menschen. Da ist C.S., die auf dem Weg des Sexuellen einige Dinge aus mir herausgekitzelt hatte, die ich vorher nie getan hätte, die mich ermutigte, Sachen zu tun, welche ich nur aus Filmen kannte. Die sagte, geh ruhig mal einen Schritt weiter! Dann ist da K.G., die eine Person, die es schaffte, dass ich mich für guten Wein und noch mehr für Kultur interessierte, eine Person, die es schaffte, dass ich meine Augen intensiver auf das Kulturelle und Schöne im Leben richtete, was nicht bedeutet, dass ich das vorher nicht auch schon gemacht hätte. Und V.E. tritt mir jeden Tag, aber auch wirklich jeden Tag, mit lustigem schwarzem Humor gegenüber und ermutigte mich in seiner intellektuellen Weise dazu, nicht nur Dinge zu schreiben, sondern diese auch einem Publikum vorzutragen. J.W. zeigte mir, dass das politische Leben und Denken nicht nur in Schubfächer gepackt gehört. Sondern man sollte hier und da auch einen Schritt abseits der eingefahrenen Strukturen gehen und sich ruhig mal die Meinung von Andersdenkenden anhören, bevor man diese gleich in Schubladen steckt. Und sie zeigte mir, dass es kein Problem ist, auch mal anzuecken.

Und so denke ich, wohl jeder hat seine persönlichen Helden, die wichtig sind für das Leben und das Sein, welche uns und mich tagtäglich ein Stück begleiten, ein Stück teilhaben und einfach für einen da sind. Somit werden aus den persönlichen Helden nicht nur Helden, sondern auch Freunde, beste Freunde, verlässliche Partner im Hier und Jetzt. Und am besten ist es noch, wenn man das schafft, wenn andere einem das Gefühl geben, selbst ein kleiner Held zu sein. Und darum, liebe Leserinnen und Leser, seid nett zueinander! Wir sind nur Gast auf dieser Welt, und es wäre sträflich, gehen zu müssen, ohne die eigenen Helden gehabt zu haben!


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