Mittwoch, 17. Januar 2018

Gedanken-Brösel, Folge 3–2018: Der Schuss vor den Bug

Ja, da nützen all die kleinen, lieben, gut gemeinten Sprüche gar nichts, die man tagein tagaus so absorbiert. Da versuche ich schon seit Ewigkeiten, immer zu reden: Ja entspannt Euch! Ja, seid nett zueinander! Aber eigentlich ein großes Blabla und wertloses Geschwätz, wenn man sich dabei nicht selbst mal an die eigene Nase grabscht! Und nun ist es doch geschehen. Obwohl ich ja klugscheissernd immer davor warne, den Stress mal nicht an sich heranzulassen und die schönen Seiten zu genießen, ist es mir jetzt passiert: Verspannung im Rücken, verdreht, so dass ich nicht mehr aus dem Arsch kam und die Kombination zwischen Ibuprofen 800 und Rotwein sehr zu schätzen bekam. Doch ich rate Jedem davon ab, das macht sicher mal kurzzeitig gute Laune, ist aber nicht wirklich in Ordnung.

Und schon geschah der nächste Hammer: Atemnot, Stiche auf der Herzseite, so dass es mir vorkam, als wenn eine tote kalte Hand nach mir grapschte. Nicht schön, doch blöde, wie man ja nun selbst einmal ist bzw. klugscheissernd durchs Leben läuft, wurde es erstmal verschleppt. Nichts da mit Onkel Doktor und der hübschen kleinen Schwester im kurzen Röckchen, die Einem im Wartesaal entgegenblickt. Stattdessen kam so ein hirnspinstiger Gedanke, wird schon von alleine weggehen, ging ja immer! Dazu: Pustekuchen, ging nicht und somit kam es dann doch noch, dass die Intelligenz siegte bzw. liebe Menschen aus meinem Umfeld mir in den Hintern traten, dass ich doch mal die Weißkittel aufsuchen sollte. Schwupp-die-wupp, Kabel an den Körper, die Monitore flackerten, Kanüle in den Arm und gefühlte 10 Liter Blut abgezapft. Und da war nix mit einer netten Schwester im kurzen Kittelchen, was man auch immer für blödsinnige Fantasien hat... Ein eher doch kräftiges Modell, doch dafür sehr liebevoll,  erwartete mich, es gab einen mahnenden Blick, aber mitfühlende Worte wurden mir gereicht. Und darauf kommt es ja eigentlich an, es geht ja hier nicht um kleine Fantasien und Klischees, es geht um Hilfe. Und es wurde geholfen, es wurden gute Worte gegeben. Entwarnung, nicht ganz so schlimm, dennoch kam die Mahnung, doch bitte vorsichtig zu sein mit dem eigenen Torso!

Und da waren sie, all die schönen Worte, die ich so anderen gesagt hatte, und all die Mahnungen und Fingerzeige, die ich anderen Menschen aussprach, kamen nun doch direkt zu mir zurück. Da ist man schon mal erstaunt, was einem so durchs kleine Köpfchen schießt, wenn man auf so einem Krankenbett liegt und man nicht an sein Handy kommt. Wobei ich anmerken möchte, EKG und Handy ist auch keine gute Idee! Nur fiel mir dann auf, wenn Leute in Wartezimmern sitzen, wird nicht mehr so oft nach der Apothekenrundschau, Frau im Bild, Sportschaudings oder Motordödel gegrabscht. Nein, heute schnappt man sich sein eigenes kleines Smartphone und tickert sich die Weisheiten des Internets ins Gehirn. Und da ist wieder die Frage, was machten wir eigentlich früher ohne diese Dinger? Aber egal, was sollen hier die Worte sagen: Es ist, wie es ist. Die Zeit ist, wie sie nun mal ist. Diese kleinen unsinnigen Helfer sind jetzt da. Obwohl ich fest davon überzeugt bin, dass diese auch an vielen unserer Erkrankungen schuld sind, ob nun Burnout, Herzerkrankung oder Herzanfall, Hautprobleme – alles, was mit Stress zu tun hat, können diese Geräte auslösen. Denn unser piepsiges Dauererreichbarsein ist schon anstrengend, wir finden einfach nicht mehr den Weg zu Ruhe und Besinnlichkeit. Und sind wir mal ehrlich, Viele von uns wissen doch gar nicht mehr, dass diese Dinge auch einen Ausschaltknopf haben. Selbst wenn wir ihn dann finden und ihn in der Tat auch benutzen, kann das Folgende passieren: Der kleine Kasten wird ausgeschaltet und geht in einen Schnickschnack-Modus über. Doch wehe dem, man kommt in sein eingespeichertes WLAN-Netz, schon ist er wieder da. Zwar werden keine Anrufe empfangen, aber all dieser ganze Kikifax, WhatsApp, i Message, Fußballergebnisse kommen dann doch. So ist das mit diesen kleinen Störenfrieden.

Aber was soll uns das alles eigentlich sagen? Und jetzt kommt mal wieder der Klugscheißer in mir, nach meiner Selbsterfahrung. Passt bloß auf Euch auf, und der Satz: Einfach mal etwas entspannen, etwas Sport treiben, ist gar nicht so falsch. Es tut wundersam gut, sich mal in die heiße Wanne zu legen, sich auf der Couch zu lümmeln, ein gutes Buch zu lesen, mal alle Technik auszulassen. Selbst Freunde zu treffen – in der realen Welt – ist angenehm, denn viele von uns sind doch schon analoge Wesen mit digitalen Fantasien (Satz ist geklaut). Denn das echte Leben spielt sich nicht in den Pieps- und Flimmerkisten ab, es ist draußen vor der Tür! Auch wenn uns das Gerät hin und wieder eine warme Nachricht senden kann, geht doch nichts über eine Umarmung, einen Kuss, liebevolles Züngeln und zärtliches Fummeln. Es ist auch schöner, ein Essen zu verspeisen, als sich nur Bilder anzusehen. Davon wird man nicht satt, das ist ja wie Verhungern vor dem Kühlschrank! Also habt Euch lieb, trefft Euch, habt eine schöne Zeit – schon einen Wimpernschlag später kann alles vorbei sein!


Euer Brösel

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