Mittwoch, 10. Juli 2019

Gedanken-Brösel, Folge 22-2019: Der Irrsinn fing an…

Der Irrsinn fing an, als dieser Quasselknochen einfach Bilder machen konnte. Seitdem rennt die halbe Nation wie frisch gepampert durch die Gegend und knipst und knipst und knipst. Früher musste man als Autofahrer aufpassen, keine Radfahrer umzunieten. Heute muss man noch mehr als sonst auf Fußgänger achten, die - keine rote Ampel mehr sehend - den Quasselfotoknochen in der Hand, gegen Laternen laufen. Viele Menschen sind schon so gestört, sie bekommen leichte Schnappatmung, wenn sie nicht alle drei Minuten auf Facebook etwas posten können. Alle vertrauen nur noch ihrem Smartphone. Früher hat man aus dem Fenster geschaut, um nach dem Wetter zu sehen. Wenn es regnete, nahm man einfach den Schirm. Heute schauen wir in die Wetter-App, ob es denn auch wirklich regnet. Es dauert nicht mehr lange, da legen wir das Ding in die Kloschüssel, kacken drauf und gucken, ob wir gesund sind. Danach wird das Ding gepostet bei Facebook oder instagram.

Seitdem es diese merkwürdigen sozialen Medien gibt (ich weiß immer noch nicht, was daran sozial sein soll) gibt es neue Berufe, Influencer, klingt wie eine Krankheit. Heute kommen mir ganz normale Menschen daher und behaupten, sie seien Influencer. Leute, die sich den ganzen Tag lang rumtreiben, irgendwelche Bilder in die Welt setzen, damit es jeder Mensch weiß. Man geht ja auch nicht mehr normal laufen oder joggen. Nein, die ganzen Erdenbürger fotografieren sich vorher, während und nach dem Lauf, da steht dann: Geschafft! Wer will das wissen und warum? Natürlich gibt’s auch einige gute Tipps, das eine oder andere Konzert, ein gutes Restaurant, eine interessante Ausstellung. Aber wenn wir ehrlich sind (ich bin da eingeschlossen), vieles von diesem Rumgeknipse ist nur Bullshit.

Ich bin lieber dafür, selber mal was zu machen anstatt dauernd zu fotografieren. Es ist ja nicht mehr so, dass Menschen in Restaurants miteinander reden. Nein, da hämmern sie erstmal wie ein Specht im Baum auf das Smartphone ein: Ich sitze gerade mit xxx und esse xxx, war nicht gut bei Pedro, habe Durchfall – wer will das wissen und warum?

Ich habe festgestellt, diese Dinge rauben uns die Momente, kosten uns die Zeit und tun nichts für ein soziales Miteinander. Es war bestimmt mal eine gute Idee mit den sozialen Medien, aber sie sind verkommen zu einer Werbe- und Knips-Knips-Einrichtung. Und es macht leider süchtig, irgendwie sind wir fast alle betroffen, 90 Prozent der Menschen, denke ich. Insgeheim bewundere ich die Leute, die diesem ganzen Quatsch abgeschworen haben, einfach das Smartphone abgeschafft, weg aus Facebook, nur noch ein „normales“ Telefon, es geht!

Natürlich will ich die Technik nicht verteufeln, natürlich ist die Technik auch hilfreich, z. B. wenn man in einer fremden Stadt die Straßen nicht kennt – aber der Blick in eine Karte ist auch nicht schlimm, und man kann ja lesen, bevor man eine Reise antritt oder mal jemanden nach dem Weg fragen, und alles wird gut.

Doch viele Menschen kriegen Panik, wenn sie mal einen Netzausfall erleben, oh ein Funkloch, man kann nicht ins Internet und die erste Schnappatmung setzt ein. Aber es geht auch so, man kann ja miteinander sprechen. Man muss keine Angst haben, wenn man mal 5 Minuten keine Nachricht auf Facebook erhalten hat – das Leben geht in der Tat weiter! Darum mein Rat und Wunsch, lasst uns lieber mehr miteinander reden oder mal telefonieren, das ist nicht schlimm!



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen