Donnerstag, 13. Oktober 2016

Gedanken-Brösel, Folge 23: Das Ding mit der Liebe

Ich dachte, es wäre Liebe, aber ich stellte fest, dass ich nur Hunger hatte. Aber Hunger ist ja bekanntlich auch eine Form der Liebe – man sagt ja nicht ohne Grund, Liebe geht durch den Magen. Und sich an einem guten Essen zu erfreuen, kann schließlich ein Genuss sein. Leider war es bei mir aber nicht so einfach.

Dabei geht es mir wie so vielen anderen Menschen. Wir sind auf der Suche nach der großen Liebe und den Schmetterlingen im Bauch. Nach dem Kribbeln, der Unruhe und dem Zittern am Morgen, wenn man denkt, die Minuten vergehen wie Stunden - wann sehe ich endlich die Liebste/den Liebsten wieder? Man bringt keine normalen Sätze zustande, man hat Herzrasen, man sieht die Sonne hinter den Regenwolken, und es kribbelt, kribbelt, kribbelt.

Doch bedauerlicherweise hält dieses Gefühlt nicht immer so lange an, und wir vermissen es dann. Einige Menschen schaffen es ja, eine ordentliche Portion davon in den Lebensalltag zu retten. Meine Eltern z. B. sind so ein positives Beispiel davon. Selbst nach 50 Jahren Ehe und noch mehr gemeinsam verbrachten Jahren gehen sie Hand in Hand über die Straße und küssen sich. Ich bekomme dabei feuchte Augen und einen wehmütigen Blick – das hätte ich auch gern. Bitte packen Sie es mir zum Mitnehmen ein!

Dummerweise habe ich so eine glückliche Beziehung nicht hinbekommen. Was blieb, sind Narben ohne Ende auf der Seele. Es ist noch nicht lange her, da hatte ich eine Beziehung, und diese war gut. Aber für die eine große Liebe hatte ich alles aufgegeben und geopfert, wenn man so will. Das Konto wurde geplündert, die gerade erst bezogene Wohnung in Brand gesteckt. Für diese eine Frau, welche ich schon ewig im Auge hatte, aber dachte, dass ich bei ihr nie eine Chance haben würde, schmiss ich alles hin. Und dann war es zurück, das Kribbeln im Bauch, die Welt drehte sich im Kreis. Doch je mehr Zeit verging, umso mehr ich mich hineinsteigerte und in die Beziehung investierte, blieben die verliebten Gefühle. Das Kribbeln und die Schmetterlinge im Bauch gingen nicht weg.

Irgendwann stellte ich fest, dass es auch eine Art Hunger war – ein Hunger und Schrei nach Liebe und geliebt werden. Kein Wunder, ich aß ja kaum noch etwas, weil ich ständig von meinen Gefühlen übermannt wurde, von himmelhochjauchzend bis zu Tode betrübt, wenn die Liebste mir absagte - und das oft innerhalb von wenigen Minuten. Meine Freunde beklagten sich schon, dass ich immer unangenehmer und übellauniger wurde. Es folgte eine Zeit der Selbstzweifel. Bin ich denn nicht fähig zu lieben? Kann ich es denn wirklich nicht? Ist es die sogenannte Strafe für gebrochene Herzen in der Vergangenheit, für mein nicht immer nettes Benehmen auf dem Schlachtfeld der Liebe? Und so trotte ich vor mich hin und bin wieder auf der Suche nach der Liebe. Dabei stelle ich fest, man verkrampft mehr und mehr, die Leichtigkeit geht verloren. Eigentlich ist es an der Zeit, wieder zu sagen: Nanu, es ist ja gar kein Hunger? Ich bin verliebt!



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