Donnerstag, 18. Mai 2017

Gedanken-Brösel, Folge 70: Gedankenverhangen durch die Stadt

Ein Brösel fährt im Stau allein, da fallen ihm gleich Gedanken ein! Beim Fahren durch die Stadt, so ganz versunken in tiefen Gedanken, habe ich festgestellt, dass ich diese Stadt schon ganz schön liebe.

Einen Abend zuvor, als ich zu einer Nachtschicht fuhr, stellte ich leicht verwundert fest, dass man nachts wirklich gut und ohne Stau durch die Straßen fahren kann. Leider ist das nur gerade im Moment nicht so, wo mir all diese schönen Gedanken einfallen.

In der Nacht kann man wunderbar viele Gestalten erleben, welche diese Stadt am Leben, am Atmen und am Laufen erhalten. Ein einsames Touristenpärchen befummelte sich am Ufer der Spree, und glaubte, es würde sie keiner sehen. Da erblickte ich Schienenarbeiter, welche die Gleise wieder in Ordnung bringen. Die Müllabfuhr beseitigte den Müll des vergangenen Tages, zurückgelassen von Touristen und Berlinern gleichermaßen.

Wie sagte doch unser alter Bürgermeister bei seinem Abschied: „Ich werde weiter für diese Stadt da sein, ich liebe sie“. Dem kann ich nur zustimmen. Es ist unser Berlin, das Berlin von uns allen, und obwohl wir doch oft fluchen und meckern, kann man es betrachten wie mit einer etwas zickigen, älteren Ehefrau (oder für die Frauen unter Euch: Ehemann), wo man zwar mal genervt ist oder schimpft, aber am Ende des Tages dann doch wieder zurück unter die gemütliche Bettdecke schlüpft! Wir lieben und brauchen diese Stadt mit ihrer einzigartigen Vielfalt. In Berlin gibt es alles und nichts ist unmöglich, alles kann passieren. Da trifft man auf alte und junge Pärchen, knutschende Männer. Junge Mädchen stellen in sich in Pose für Selfies, Touristen knipsen unzählige Fotos oder kaufen Primark leer.
Das Einzige, was ich ein wenig bedauere, ist der Punkt, dass Berlin kein Meer hat. Wenn Berlin an einem Strand liegen würde, wäre es wirklich (fast) perfekt. Bei dieser Vielfältigkeit kann man da getrost mal Berlin mit Tel Aviv vergleichen. Auch wenn Tel Aviv, übersetzt „Frühlingshügel“, nur 2 x so groß wie Hellersdorf ist, liegt diese Stadt zumindest am Mittelmeer und ist genauso bunt und voller Leben.

Es gibt Tage im täglichen Arbeitstrott, da fährt man fluchend vor sich hin, jeder trullert im Auto so vor sich hin. Mist, die Ampel schon wieder rot, wieder stockender Verkehr, kein Parkplatz. Oder fährt man denn extra wegen der Klimaerwärmung, um diese noch ein wenig voranzutreiben? – Nein, das ist natürlich Quatsch. Doch ich kann es nur immer wiederholen, trotz allen Widrigkeiten: Berlin ist meine Stadt, und ich liebe sie. Ich bin hier groß geworden, habe die erste große Liebe erfahren, den ersten Sex erlebt, das verbindet, und eigentlich möchte ich nirgendwo anders leben.

Also: Seid lieb zu Eurer Stadt, behandelt sie mit Ehrfurcht, sie ist schließlich schon ganz schön alt, die alte Dame! Jeden Tag solltet Ihr genießen, einfach Leben, Lieben und Lachen und nicht über Kleinigkeiten aufregen. Begegnet allen Menschen mit einem Lächeln und Leichtigkeit, und auch ein respektvoller Umgang im Miteinander tut uns gut!

Euer Brösel


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